Inklusive Mädchen*arbeit
Seit dem Projekt „Mädchentreff inklusiv“ haben wir gezielt eine inklusive Öffnung unserer pädagogischen Angebote für Mädchen* mit Behinderung begonnen. Dabei haben wir im Mädchentreff gezielt Ansätze zur Inklusion im Rahmen unserer Angebote geschaffen und bemühen uns weiterhin um Fort- und Weiterbildung. Inklusion heißt Leben mit Vielfalt – das bedeutet in jedem Fall, die Individualität der Einzelnen unabhängig von Diagnosen bzw. Behinderung oder Nicht-Behinderung zu achten und ernst zu nehmen und Möglichkeiten zur Teilhabe zu schaffen. Es hat sich gezeigt: die Barrierefreiheit beginnt im „Kopf“.
Wir verstehen Inklusion in einem weiten Sinne. Demnach meint Inklusion die Einbeziehung aller Menschen in die Gesellschaft und eine ihren Fähigkeiten entsprechende gerechte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Dafür sollen die Zugangsbarrieren innerhalb der Gesellschaft durchbrochen werden. Für einen Ort wie den Mädchentreff bedeutet dies, einen Raum zu schaffen, an dem alle Mädchen* teilhaben, mitmachen, dabei sein und mitgestalten können. Demnach beschränkt sich Inklusion nicht auf Menschen mit Behinderung. Im Rahmen des Projektes „Mädchentreff inklusiv – Angebot(e) für behinderte und nicht-behinderte Mädchen im Offenen Bereich des Mädchentreffs“ haben wir uns dennoch damit auseinandergesetzt, wie der Mädchen*treff vor allem auch ein Raum für Mädchen* mit Behinderung sein kann. Demnach bedeutete die inklusive Reflexion und Auseinandersetzung vor allem, behinderungsfeindliche bzw. abelistische Gesellschaftsstrukturen und -ausschlüsse in den Blick zu nehmen und di mit dem Fokus auf Mädchen* zu tun.
Zunächst haben wir uns mit folgenden Themen & Fragen intensiv beschäftigt:
-Reflexion der pädagogischen Haltung und des Wissens:
- Wie entwickeln wir eine pädagogische Grundhaltung der Achtung, des Respekts und eine hohe Sensibilität gegenüber den Zielgruppen der behinderten und nichtbehinderten Mädchen*?
- Welches Wissen brauchen wir über unterschiedliche Behinderungen? Welche Form der Betreuung können wir leisten?
- Wo fängt überhaupt Behinderung an?
– Reflexion der pädagogischen Angebote:
- Wie sprechen und formulieren wir für alle verständlich und ansprechend?
- Wie steht es mit der Assistenz für Mädchen* mit Behinderung?
- Bei Ferienfreizeiten z.B.: Wie viele Mädchen* mit Behinderung können an der Freizeit teilnehmen hinsichtlich der Gruppenstärke und Gruppendynamik?
- Wie kann sich grundsätzlich die Gruppendynamik in einer inklusiven Mädchen*gruppe entwickeln?
- Welches Wissen benötigen wir über alle Besucherinnen, welches speziell über die Mädchen* mit Behinderung? Wie sieht es mit Pflegebedarf und Unterstützung bei der Körperpflege aus?
- Was ist allgemein nötig dafür, dass alle Teilnehmerinnen eine tolle Zeit erleben können?
- Wie kann Elternarbeit in dem parteilichen Mädchen*arbeit aussehen?
- Wo machen wir Werbung, wer fühlt sich angesprochen? Welche Sprache verwenden wir? Über welche Verteiler, Adressen und Netzwerke erreichen wir Mädchen* mit Behinderung?
- Wo kommen wir an unsere Grenzen, wo geht vielleicht etwas (nicht)? Hieraus resultiert ein verantwortungsvolles Kommunizieren von Grenzen der Räumlichkeiten, der Betreuungsmöglichkeiten etc.
-Reflexion der Räumlichkeiten
- Wie zugänglich und barrierefrei sind die Räumlichkeiten, wer kann sich darin wie gut bewegen und wer auch nicht?
-Reflexion
- Inwiefern sind Mädchen* mit Behinderung in besonderer Wirkweise von Sexismus betroffen?
- Was bedeuten grundlegende Begriffe und Analysen feministischer Mädchen*arbeit wie Selbstbestimmung, Selbstwert und Abhängigkeit im Kontext behinderungsspezifischer Lebens- sowie Diskriminierungserfahrungen?
Anhand dieser Fragestellungen entwickelten wir ein Konzept mit unterschiedlichen Methoden, Teams und Instrumenten für die Projektarbeit. Die größte Herausforderung bestand darin, für die Mädchen* mit Behinderung angemessene Bedingungen für die Teilnahme an den Angeboten zu schaffen und methodisch so flexibel anzusetzen, dass alle Teilnehmerinnen Spaß haben und ihre Interessen umsetzen können. Das Angebot wird so geplant, dass möglichst alle Mädchen* teilhaben können und flexibel auf Wünsche, Fähigkeiten und Interessen reagiert und Alternativen unterbreitet werden können. Mit diesem inklusiven Mädchen*projekt konnten wir behinderten und nichtbehinderten Mädchen* Räume und Situationen anbieten, in denen sie sich selbst und ihre individuellen Fähigkeiten im Spiegel einer Mädchen*gruppe und in speziellen Mädchen*räumen kennenlernen, ausprobieren und wertschätzend erleben konnten.
Die inklusive Auseinandersetzung und Reflexion hat deutlich gemacht, wie wichtig und wertvoll es ist, die Ausschlüsse der Angebote zu reflektieren und in der pädagogischen Arbeit stets auf Bedürfnisse und Fähigkeiten der einzelnen Mädchen* zu achten, unabhängig davon, ob sie eine Diagnose/ Behinderung haben.