Rassismuskritische Bildungsarbeit

Seit 2001 und dem Projekt „girls act! – Antirassistische Bildungsarbeit für Mädchen und Frauen“ hat die Reflexion und die Gestaltung unserer Arbeit unter rassismuskritischer Perspektive einen wichtigen Stellenwert im Mädchen*treff bekommen. Die rassismuskritische Auseinandersetzung führt zu einer Reflexion und Neuformulierung der Konzepte und Paradigmen feministischer Mädchen*arbeit.

Das Projekt „girls act! – Antirassistische Bildungsarbeit für Mädchen und Frauen. In die Geschichte(n) reisen wir mit unterschiedlichem Gepäck…- Zugänge junger Menschen zu Geschichte in der Migrationsgesellschaft“ sowie damit einer hergehende Reflexion und Auseinandersetzung, verfolgen einen rassismuskritischen Ansatz, der die Analyse von rassistischen Machtbeziehungen in den Mittelpunkt ihrer Analysen stellt.[1] Machtkritische Analysen der Rassismusforschung fokussieren, dass Begegnungen von Menschen of color[2] und weißen[3] Menschen von Rassifizierungsprozessen geprägt sind und dies Einfluss darauf hat, wie Menschen sich selbst und andere wahrnehmen, behandeln, und welche Erfahrungen Menschen im Alltag machen. In dieser Perspektive wird nicht der_die andere fokussiert, sondern das weiße Subjekt und sein Verstricktsein in rassistische Diskurse und Strukturen. Von weißen Menschen wird das eigene Weißsein selten bewusst und als relevant wahrgenommen. Im Gegensatz dazu wird Schwarzsein und of color-Sein ständig benannt und markiert. In dieser Gesellschaftsstruktur lernen alle – weiße Personen, genauso wie Personen of color -, wer sich zugehörig fühlen darf und wer nicht. Durch das permanente Benennen wird eine rassistische Normalitätsvorstellung immer wieder hergestellt und aufrechterhalten. Critical Witheness bedeutet, diese Perspektive umzudrehen und Weißsein in den Blick zunehmen und zu fragen, welche Bedeutung Weißsein hat und inwiefern das professionelle Handeln von weißen Menschen durch Weißsein und Rassismus geprägt sind. Zentral sind somit die Selbstreflexion weißer Menschen sowie das Empowerment[4] (die Selbstermächtigung) von Menschen of color. Für die pädagogische Arbeit bedeutet dies, Rassismus nicht als Sonderthema zu behandeln, sondern antirassistische Sensibilisierung, Critical Whiteness und Empowerment als Querschnittaufgabe zu begreifen (vgl. Arapi/ Lück 2005: 36). Diese Analysen und sich daraus ergebende Erkenntnisse führen zu einer Reflexion und Neuformulierung der Konzepte und Paradigmen feministischer Mädchen*arbeit (vgl Arapi/ Lück 2005: 38).

Während und insbesondere nach dem Ende des Projektes „girls act“ beschäftigte uns die Frage, inwiefern die Projektinhalte und Standards, die im Rahmen der Projektarbeit entwickelt wurden, in die laufende und offene Mädchen*arbeit einfließen könnten. So bewegen wir uns in einem ständigen Reflexionsprozess. Vom jetzigen Stand aus betrachtet sind für die tägliche pädagogische Arbeit folgende Aspekte wichtig:

Teamstruktur

  • Zum einen sind wir dabei, unser Team unter transkultureller Zusammensetzung zu reflektieren. Das heißt, dass es uns wichtig ist, dass zum einen hauptamtliche Mitarbeiterinnen und auch Honorarkräfte die transkulturelle Gesellschaft in unserer institutionellen Struktur widerspiegeln. Auch ist es uns wichtig, dass in den konkreten Angeboten in Bezug auf die Besetzung der Nachmittage die transkulturelle Teamzusammensetzung mitreflektiert wird.
  • In der Reflexion der Lebenswelten der Mädchen* spielt die Berücksichtigung von Rassismuserfahrungen eine bedeutsame Rolle.

Fortbildungen für das Team

  • Teilnahme an Veranstaltungen zu dem Themenbereich
  • Fortbildung zu dem Themenbereich

Angebote zu Empowerment

  • Ein regelmäßig stattfindendes Angebot nur für Mädchen of color, das „After School Café“, durchgeführt von Kolleginnen* of color
  • Empowermenttheaterworkshops zum Thema Rassismuserfahrungen
  • Workshops zum Thema Migrationsgeschichte in Deutschland

Vernetzung

  • Kooperation mit Organisationen aus dem Bereich Migrantenselbstorganisationen
  • Teilnahme an der Arbeitsgruppe rassismuskritische Mädchenarbeit
  • Teilnahme an dem Arbeitskreis Mädchenarbeit in der Migrationsgesellschaft
  • Sonstiges

Fachvorträge

  • Fortbildungen und Fachveranstaltungen
  • Beratende Tätigkeiten in der Kommune

[1]Somit grenzen sie sich von (klassischen) Ansätzen der interkulturellen Pädagogik ab, die den_die Andere_n in den Fokus nimmt und von den Interessen und Perspektiven der Mehrheitsangehörigen dominiert wird, ohne diese in Frage zu stellen und zu problematisieren. Hier werden machtpolitische Fragestellungen häufig ausgeblendet, mit starren Kulturbegriffen gearbeitet und eine weiße paternalistische nicht selbstreflektierende Haltung eingenommen. (vgl. Arapi/ Lück 2005: 15f)

[2]Mit der Bezeichnung „of color“ soll die Perspektive der Betroffenheit von Rassismus beschrieben werden. Die Bezeichnung ist eine Selbstbezeichnung aus Schwarzen Communities. Im Anschluss an Arapi und Lück verwende ich hier die Bezeichnung Mädchen* und Frauen* of color. (vgl. Arapi/ Lück 2005: 9)

[3] Durch das kursive Schreiben vom „Weiß“ soll der Konstruktionscharakter von Weißsein verdeutlicht werden, während „Schwarz“ als Selbstbezeichnung und Widerstandsbegriff groß geschrieben wird (vgl. Eggers et al. 2005: 13).

[4]Empowerment kann mit den Begriffen Selbstermächtigung und Selbststärkung in Bezug auf Marginalisierungserfahrungen beschrieben werden (vgl. Arapi/ Lück 2005).

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